Unterwasserleben
- Von David Prior -
Schwimmen zählt zu den einfachsten maritimen Vergnügen, während Tauchen eine andere Form des Glücks ermöglicht. Wer sich unter die Meeresoberfläche begibt, wird in Staunen versetzt von einer stummen Welt, die normalerweise jenseits unserer Wahrnehmung liegt. Um wirklich tief zu tauchen, benötigt man natürlich die Anleitung eines professionellen Lehrers, doch im flachen Wasser lässt sich auch mit Taucherbrille und Schnorchel mehr entdecken, als man vielleicht vermuten würde.

Ed Cardwell - Folgen Sie der gelben Fischstraße
Tauchen gehört zu den einzigartigen Reiseerlebnissen und befriedigt den Urinstinkt der Neugierde:Was erwartet einen, wenn man ins Unbekannte schwimmt? Ganz gleich, wie oft man untertaucht – man weiß nie genau, was einen erwartet. Man kann stundenlang am Rande eines riesigen Ozeans entlanggleiten, maritime Sehenswürdigkeiten bewundern und die Gedanken schweifen lassen – eine Zeitlupenwelt, in der keine Uhren ticken.
Natürlich gibt es zahlreiche gut dokumentierte Tauchmöglichkeiten in klassischen Reisezielen wie der Karibik oder der Halbinsel Yucatán. Diese genießen aufgrund ihres Unterwasserreichtums zu Recht einen guten Ruf – wer allerdings nach weniger ausgetretenen Pfaden (und weniger frequentierten Gewässern) sucht, kann sich an zahlreichen abgelegeneren Orten auf Entdeckungsreise begeben.

Die Philippinen umfassen an die 700 Inseln und bieten jede Menge Tauchgelegenheiten. Zum Beispiel die wenig erschlossene Insel Coron, wo Meeresschildkröten und tropische Fische in seichten Korallengärten ihre Bahnen ziehen und wo auf dem tieferen Meeresboden nahezu ein Dutzend japanische Schiffswracks liegen. Am anderen Ende des Pazifiks bieten die Galápagos-Inseln eine vielfältige Landschaft, bevölkert von Finken, Leguanen und Schildkröten, die Charles Darwin seinerzeit zum wissenschaftlichen Durchbruch verholfen haben. Doch unter den Wellen, die diese abgelegenen Inseln säumen, existiert eine gleichsam faszinierende Wassertierwelt. Wer es wagt, kann in der versunkenen Vulkanspitze Devil’s Crown in der Nähe der Insel Floreana schwimmen. Dort gibt es atemberaubende Felsformationen, Muränen und Fische in leuchtenden Farben zu entdecken.
Die wirklich Unerschrockenen genießen beim Kaltwassertauchen eine erfrischende Abwechslung zum Tropenklima – Auge in Auge mit Meeresbewohnern der ganz anderen Art. An der Küste der norwegischen Spitzbergen-Inseln – eine der wenigen verbleibenden letzten Grenzen Europas – kann man in den Gewässern um die Tundra und die Berge herum in einem Trockenanzug zwischen Pinguinen, Robben und bunten Seesternen schnorcheln.

Ich war schon auf der ganzen Welt tauchen, doch eines der magischsten Erlebnisse hatte ich am Ningaloo Reef in Westaustralien. Das unberührteste Korallenriff des Landes zieht sich an der kaum besiedelten Nordwestküste entlang. Im Gegensatz zu seinem östlichen Gegenpart, dem Great Barrier Reef, ist Ningaloo ein Saumriff, grenzt also direkt an die Küste. Deshalb ist es auch ohne Boot leicht und gefahrlos zu erreichen und ideal für den Schnorchelanfänger.
Untergebracht war ich bei der Expedition in Sal Salis, einem prächtigen Anwesen am Rande der Sanddünen des Cape Range National Park, das aus einer Reihe von Zelten besteht, die einen Freiluftpavillon mit Öllampen flankieren. Bei der Ankunft wird man von einem farblichen Dreiklang aus azurblauem Himmel, roter Erde und weißem Strand begrüßt. Im Morgengrauen konnte ich beobachten, wie die aufgehende Sonne dem Türkis des Riffs einen noch satteren Ton verlieh, während eine Gruppe Wallabys die Dünen entlanghüpfte. Abends tauchte die untergehende Sonne den Sand in ein pinkfarbenes Licht und das Wasser in ein atemberaubendes Lila.

Ich zog meinen Neoprenanzug und meine Taucherbrille an und schnorchelte an psychedelischen Korallenformationen und Papageienfischschwärmen vorbei. Grüne Meeresschildkröten bildeten die Vorhut – an Land behäbige Kreaturen, verwandelten sie sich in ihrem bevorzugten Element in wendige und grazile Schwimmer.
Um weiter entfernt von der Küste mit den Buckelwalen schwimmen zu können, ließ ich mich von einem örtlichen Anbieter per Boot aufs Meer bringen, begleitet von einem Meeresbiologen, der zugleich mein Tauchlehrer war. Mitten im Ozean befand ich mich gerade einmal 15 Meter entfernt von einem Mutterwal samt Kalb und spürte deren Größe und Kraft – als würde ein Doppeldecker-Bus langsam an mir vorbeiziehen.
Im Wasser kann man leicht das Gefühl bekommen, man befinde sich auf einem anderen Planeten, tatsächlich besteht die Oberfläche der Erde aber zu zwei Dritteln aus Wasser. Wenn man durch die Unterwasserwelt taucht, wird man daran erinnert, dass die Schönheit der Natur nicht an Land endet. Da kann man schnell zum Meeresaktivisten werden.
Das australische Great Barrier Reef wird durch ständig aufeinanderfolgende Hitzewellen mit Rekordtemperaturen bereits stark verändert – die Wassertemperatur steigt und die einst farbenfrohen Korallen bleichen aus, werden erst weiß und sterben dann ab. Diese faszinierenden Gärten der Meere befinden sich im Verborgenen, dennoch sollten sie ganz oben auf der Agenda stehen, damit ihre Pracht auch zukünftigen Generationen erhalten bleibt.
Geschrieben von David Prior, Gründer und CEO von PRIOR, ein Reiseclub nur für Mitglieder. Entdecken Sie die maßgeschneiderten Reiserouten von PRIOR und eine Bibliothek mit einmaligen Erlebnissen, Reisen, Veranstaltungen und Partys rund um den Globus unter www.prior.club.