WARUM ICH MEINEN JOB ALS BANKER AN DEN NAGEL
HING UND AUF EINE TROPISCHE INSEL ZOG

OB triff Irshad Mobarak, den hauseigenen Naturforscher des Hotels The Datai Langkawi in Malaysia

Als Irshad Mobarak das erste Mal die malaysische Insel Langkawi besuchte, auf der er nun schon seit 32 Jahren als Naturforscher tätig ist, erlebte er etwas ganz Besonderes. Er fuhr mit seinem blauen Moped die Küste entlang, als mehrere Delphine aus dem Meer sprangen – fast so, als hätten sie ihn begrüßen wollen. Es war eine Gruppe von insgesamt 18 Delfinen. „Ich sah das als Zeichen, dass ich am richtigen Ort angekommen war“, erklärt Mobarak.

Durch geführte Wanderungen und Umweltschutzprojekte, die er gemeinsam mit dem teils im Dschungel und teils am Meer gelegenen, umweltbewussten Resort The Datai Langkawi durchführt, gibt er diese Begeisterung an die Besucher der Insel weiter. Mobarak arbeitet daran, das Ökosystem für die nächste Generation zu erhalten. Er bringt Besuchern diesen besonderen Ort näher:Hierbei handelt es sich um den ersten UNESCO Global Geopark Südostasiens mit Mangroven und zehn Millionen Jahre alten Wäldern, in denen Geckos, seltene Gleithörnchen und 530 verschiedene Schmetterlingsarten leben. Er hat außerdem mehrere Dokumentationen für National Geographic gedreht und setzt sich weltweit für den Umweltschutz ein. Wir haben uns mit ihm über das Leben auf der Insel unterhalten.

Was hat Sie dazu bewegt, Naturforscher zu werden?

Als ich neun Jahre alt war, fragte mich mein Vater, was ich einmal werden möchte. Damals hatte ich gerade eine Dokumentation mit dem mittlerweile verstorbenen David Bellamy gesehen, einem bekannten Botaniker, Umweltaktivisten und Moderator. Ich antwortete meinem Vater, dass ich wie Bellamy sein und die Wälder schützen wollte. Ich wuchs in einer kleinen Ortschaft südlich von Kuala Lumpur auf und mein Vater unternahm mit mir oft Ausflüge in den wilden Regenwald. Er diente in einer Sondereinheit des Militärs und war an Kampfhandlungen im Dschungel beteiligt, also ein Mann der Tat. Ich hingegen war an der Natur interessiert und trieb in meiner Jugend gerne Sport. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde ich aber Banker. Ich arbeitete viereinhalb Jahre bei Malayan Banking, bevor ich meine wahre Berufung fand.

Gab es einen bestimmten Auslöser, der Sie dazu veranlasste, einen anderen Berufsweg einzuschlagen?

Paragraph 5Ein Freund meines Bruders war zu Besuch und da uns langweilig war, buchten wir einen Ausflug auf die vor der malaysischen Küste gelegene Insel Tioman im südchinesischen Meer. Die Unterwasserwelt übte eine besondere Faszination auf mich aus. Ich war sechs Stunden am Stück mit meinem Schnorchel im Wasser, holte mir kurz etwas zu essen und sprang danach sofort wieder ins Meer. Im Flugzeug zurück verfasste ich gedanklich bereits meine Kündigung. Zwei oder drei Monate später kehrte ich meinem Job bei der Bank den Rücken zu. Ich war 24 Jahre alt und wusste, dass ich etwas in der freien Natur machen wollte.

Fiel es Ihnen leicht, Ihre Karriere als Banker aufzugeben?

Es fiel mir deshalb leicht, da es das Richtige für mich war. Meine Eltern waren zwar nicht gerade begeistert, aber ich brachte es hinter mich und fühlte mich sofort besser. Es war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich fühlte mich wieder wie der neunjährige Junge, der seinem Vater erzählte, dass er die Natur schützen und den Leuten näherbringen wollte. Anfangs gab ich Segelunterricht und 1993 fing ich dann im The Datai an.

Wie unterscheidet sich Ihr heutiger Alltag zu dem in Kuala Lumpur?

Die Arbeit in der Bank war für mich ein traumatisches Erlebnis. Es gab Tage, an denen ich vor Sonnenaufgang zur Arbeit ging und erst nach Sonnenuntergang wieder nach Hause kam. Die Sonne bekam ich praktisch nie zu Gesicht. Das Schlimmste war aber das Pendeln zur Arbeit. Ich war etwa eine Stunde und 15 Minuten unterwegs und stand ständig im Stau. Jetzt ist jeder Tag anders. Ich bin fast nie gestresst. Heute werde ich nur noch zornig, wenn Menschen die Natur nicht respektieren und überall ihren Müll herumliegen lassen.

Können Sie uns etwas über die Wanderungen, die Sie führen, erzählen?

Meine Lieblingstour ist die Schmetterlingswanderung. Wir haben dafür eigens einen Schmetterlingsgarten angelegt, den ich den Gästen zeige. Unser größter Schmetterling ist der Große Mormone. Ich sehe ihn fast jeden Morgen. Ich hoffe, meine Wanderungen inspirieren unsere Gäste dazu, achtsam mit der Natur umzugehen.

Wie schützen Sie die Natur der Insel?

Paragraph 9Die Hälfte der Insel ist bebaut, die andere ist ein Naturschutzgebiet, das sich in sechs Bereiche unterteilt. Wir sind dabei, Wildtierkorridore zwischen den einzelnen Kernzonen zu schaffen, damit ein gesunder Genpool der Pflanzen und Tiere sichergestellt werden kann. Das bedeutet, dass wir sehr viele neue Bäume pflanzen, um den Tieren wieder ihre natürliche Umgebung zurückzugeben. Außerdem errichten wir gerade eine Korallen-Aufzuchtstation zum Schutz des Riffs. Wir haben künstliche Bereiche geschaffen, aus denen gefischt werden kann, damit die natürlichen Korallen nicht gestört werden. Darüber hinaus sammeln wir lebende Korallenfragmente. Diese können dann in unserer Aufzuchtstation wachsen, um irgendwann wieder in das natürliche Riff ausgepflanzt zu werden.

Welche Rolle spielen die Gäste beim Naturschutz?

Unsere Gäste beteiligen sich an allen Aspekten unserer Naturschutzarbeit. Ich hoffe, dass andere Hotels unserem Beispiel folgen. Ich bin Optimist und daher davon überzeugt, dass noch Hoffnung für unseren Planeten besteht. Außerdem habe ich zwei Kinder, die jetzt acht bzw. neun Jahre alt sind. Ich muss also einfach weitermachen.

Haben Sie ein Lieblingstier?

Ich bin ein leidenschaftlicher Vogelkundler. Der Doppelhornvogel ist mein Liebling. Er ist der größte Vogel auf der Insel. Meine erste Vogelbeobachtungstour unternahm ich mit meinem Mentor Miles Baddeley, der mir viel über Vögel beibrachte. Einmal, als wir im Wald unterwegs waren, hörten wir plötzlich ein lautes Krächzen. Es klang zuerst wie Gebell, später aber mehr wie ein Fauchen. Wir sahen uns an und beschlossen, uns zurückzuziehen, da es sich nach einem großen Tier anhörte. Eine halbe Stunde später stellten wir fest, dass ein Doppelhornvogel diese Geräusche gemacht hatte. Wir kamen uns ziemlich dumm vor.

Wie ist es für Kinder, auf der Insel aufzuwachsen?

Sie lieben es; sie tollen ständig herum und klettern auf Bäume. Manchmal wandern wir mit ihnen zu einem Wasserfall im Dschungel. Es gefällt ihnen dort so gut, dass sie immer den ganzen Tag bleiben wollen. Das ist großartig, denn so spielen sie nicht ständig auf ihrem Telefon herum. Wenn meine Kinder den Wunsch hätten, in einer Bank zu arbeiten, würde ich es ihnen nicht ausreden. Ich halte mich an das Sprichwort des Sufi-Dichters Rumi:Lass das, was du liebst, deine Arbeit sein.

Vermissen Sie das Stadtleben?

Etwa alle vier Monate mache ich einen Ausflug in die Stadt und gehe dort in eine der Bibliotheken oder ins Kino. Das reicht mir.

Gibt es etwas, das Sie bereuen?

Alles, was man bisher im Leben gemacht hat, wirkt sich auf das aus, was man gerade tut. Ich bemühe mich, der nächsten Generation aufzuzeigen, wie wichtig es ist, unseren Planeten zu schützen.