Reisen, Ruhm und Pop-Art

Ein Interview mit Peter Phillips

Peter Phillips, einer der Mitbegründer der Pop-Art-Bewegung, ist in seinem Leben viel herumgekommen – von den Straßen Birminghams während des Zweiten Weltkriegs über Zürich, Mallorca und Costa Rica bis hin zu seinem topmodernen Studio und seiner Galerie an der Küste von Noosa, Australien. Peter könnte stundenlang von seinen unzähligen Reiseabenteuern erzählen, denn sie sind so abwechslungsreich und farbenfroh wie seine mittlerweile über tausend Kunstwerke. Wenn man ihn aber nach seinem Vermächtnis fragt und danach, wie er der Nachwelt gerne in Erinnerung bleiben würde, erhält man eine Antwort, die seiner direkten Art gerecht wird. Er hat nichts mit Rührseligkeiten oder Politik am Hut. So viel steht fest.

Mit 80 Jahren lebt er zwar mittlerweile etwas abseits des Jetsets, an den Ruhestand denkt er jedoch noch lange nicht. Kunst ist sein Leben. Zu den Meilensteinen seiner glanzvollen sechzigjährigen Karriere zählen neben verschiedenen Retrospektiven in Galerien wie der Londoner Tate und einem Auftritt in Ken Russells populärem Dokumentarfilm Pop Goes The Easel (1962) hunderte herausragende Werke, darunter The Entertainment Machine (1961), Spectrocoupling (1972) und Africa Twirl, ein für die Fußballweltmeisterschaft 2010 entworfenes Design. Aktuell arbeitet er an einigen Projekten, die nach der Pandemie veröffentlicht werden sollen. Dazu gehört auch eine Fortsetzung von Hybrid, seiner berühmten Zusammenarbeit mit dem Briten Gerald Laing aus dem Jahr 1966, über die wir später noch sprechen werden.

Wir freuen uns außerdem, im Rahmen unserer neuen Strandmode-Kollaboration drei seiner legendären Kunstwerke (Front Axle, Transpectral Mission und Constructed Painting) präsentieren zu dürfen – das perfekte Line-up für sonnige Urlaubstage. Mit Peter verbindet uns die Liebe zu erstklassigen Reisezielen, Slim Aarons, Sonnenschein und natürlich Pop-Art. Wir haben daher mit ihm im neuen Jahr über diese gemeinsamen Interessen gesprochen.

Sie reisen sehr gerne – wie unsere Leserinnen und Leser. Was genau fasziniert Sie am Reisen und wie sehr haben Ihre Urlaubserlebnisse Ihre Kunst beeinflusst?

Peter: „Als ich während des Zweiten Weltkriegs in Birmingham [England] aufwuchs, hätte ich mir nie träumen lassen, eines Tages um die Welt zu reisen. Als Jugendlicher erhielt ich ein Kunststipendium, das es mir ermöglichte, durch Norditalien zu reisen. Dieses Erlebnis hat mich nachhaltig geprägt. Ich war in meinen Zwanzigern, als ich England verließ. Über die Jahre habe ich in New York, in der Schweiz, auf den Seychellen, in Spanien, in Costa Rica und in Australien gewohnt. Ich bin fast mein ganzes Leben lang gereist. Die Geschichten, die ich darüber erzählen könnte, würden mehr als nur ein Buch füllen und den Rahmen dieses Interviews sprengen. Ich bin mir sicher, dass mein Umfeld und meine Erfahrungen in meine Arbeit eingeflossen sind. Deswegen hat sich mein Stil in den letzten 60 Jahre auch deutlich weiterentwickelt.“

Unsere neue Frühjahrs-Kollektion 2021 ist von einem Artikel über das Strandhaus von Andy Warhol in Montauk (Eothen) inspiriert. Daher eine Frage, die uns brennend interessiert: Waren Sie jemals dort zu Besuch?

Peter: „Da ich Mitte der 1960er-Jahre in New York lebte, verkehrten wir natürlich in den gleichen Kreisen. Allerdings arbeitete ich die meiste Zeit in New York und stellte dort meine Kunst aus. Nachdem ich Manhattan verließ, kaufte ich mir einen großen Chevy und fuhr mit meinem Freund [und Pop-Art-Künstler] Allen Jones durchs Land. Uns zog es sofort in den Süden nach Key West und anschließend nach Kalifornien. In den Osten nach Montauk verschlug es uns jedoch nie.“

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitonen vom Royal College of Art? Und treffen Sie sich – wie der Rest der Welt – auch auf Zoom?

Peter: „Ja, wir halten noch Kontakt, aber hauptsächlich telefonisch und per E-Mail oder Brief.“

Hat sich die Bedeutung von Pop-Art über die Jahre verändert?

Peter: „Ich habe dem Begriff Pop-Art nie eine besondere Bedeutung beigemessen. Er stammt von einem guten Freund, Lawrence Alloway. Für mich gibt es nur zwei Arten von Kunst: gute und schlechte. Das Verhältnis der beiden hat sich meiner Meinung nach im Laufe meines Lebens nicht wirklich verändert.

Gehen wir ein wenig zurück. Ihre noch vom industriellen Umfeld Birminghams inspirierten Frühwerke sind wesentlich düsterer als Ihre farbenfrohe Pop-Art-Kunst. Wie kam der Wandel zur heute als Pop-Art bekannten Stilrichtung?

Peter: „Als ich jung war, konnte man als Künstler in England nur überleben, indem man entweder unterrichtete oder für einen wohlhabenden Aristokraten arbeitete, und dafür waren traditionelle Bilder, Landschaften, Akte, Stillleben usw. gefragt. Das wurde am Royal College of Art auch unterrichtet. Aber London veränderte sich in den späten 1950er-Jahren und einige von uns begannen, populäre Bilder für unsere Kunstwerke zu verwenden. Das war damals natürlich verpönt. Wir selbst nannten unsere Kunst nie Pop-Art; wir wollten nur unsere Persönlichkeit zum Ausdruck bringen.“

Dienen Ihre Bilder rein dazu, eine visuelle Wirkung zu erzielen, oder liegt ihnen eine tiefere Bedeutung zugrunde?

„Meine Bilder haben nie eine beabsichtigte Bedeutung. Unterbewusst kann sich manchmal zwar eine tiefere Bedeutung ergeben, aber diese liegt allein im Auge des Betrachters.“

Wie arbeiten Sie am liebsten und was hat sich seit Beginn Ihrer Karriere verändert?

Peter: „Bei der Suche nach populären Motiven als Quellmaterial nutzte ich früher Magazine, Comics, Spielkarten usw. Heute lässt sich die Recherchearbeit ganz einfach am Computer durchführen. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich mit einer guten Lupenbrille Details einarbeiten kann, die meinen früheren Werken fehlen.“

Ihre Frau Claude war ein bekanntes Model und Modeschöpferin. Hat ihre Mode Ihren Kleidungsstil oder Ihren Malstil inspiriert?

Peter: „Claude war ein Covermodel, bevor sie in Zürich ihr eigenes Label Galaxy gründete. Ihre Zielgruppe waren Frauen. Daher inspirierte ihre Mode meinen Kleidungsstil eher weniger. Wir waren aber eng mit Ossie Clarke befreundet. Er hat mich in dieser Hinsicht wahrscheinlich mehr beeinflusst.

Im Mai 2020 hätte Hybrid 2.0, der Nachfolger Ihres 1966er Werkes Hybrid, veröffentlicht werden sollen. Erzählen Sie uns mehr über diese spannende Kollaboration.

Peter: „Gerald Laing und ich schufen Hybrid als eine Art Idealskulptur. Dafür führten wir Fokusgruppentests mit Künstlern, Kuratoren, Kritikern und Sammlern durch, um den damals vorherrschenden Geschmack zu ermitteln und nachzubilden. Vor einigen Jahren kam mir die Frage in den Sinn, wie diese Skulptur wohl in der heutigen Zeit aussehen würde. Meine Tochter setzte sich daraufhin mit Geralds Söhnen in Verbindung, die in die Fußstapfen ihres Vaters getreten sind und nun die in einem Schloss in den schottischen Highlands gelegene Gießerei betreiben. Wir übernahmen die ursprüngliche Methodik, übertrugen sie auf eine digitale Plattform und starteten das Experiment neu. Dabei ist Hybrid 2.0 entstanden. Die fertige Skulptur hätte eigentlich im April 2020 in London vorgestellt werden sollen, doch leider machte uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Hoffentlich haben wir bald die Gelegenheit, sie der Welt zu präsentieren!“

Mussten Sie jemals Ihre künstlerische Vision zugunsten des Erfolgs zurückstellen?

Peter: „Ich hatte das Glück, bereits in jungen Jahren als Künstler erfolgreich zu sein. Nachdem ich genug Geld zum Überleben hatte, konnte ich mich meinen Interessen widmen und musste nicht malen, was andere wollten. Das hat sich auch nie geändert.“

Hatten Sie einen Plan B, falls das mit der Kunst doch nichts geworden wäre?

Peter: „Ich stamme aus einer englischen Arbeiterfamilie und bin im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen. Ich glaube nicht, dass ich die Möglichkeit gehabt hätte, meinen Interessen nachzugehen – damals ging es schließlich ums Überleben. Zum Glück war ich ein begabtes Kind. Daher erhielt ich schon ab dem 13. Lebensjahr Kunstunterricht. Es gab nie etwas anderes für mich.“

Im Moment sehnt sich jeder nach einem Urlaub. Können Sie als Weltenbummler uns einige Ihrer Lieblingsreiseziele nennen?

Peter: „Da fallen mir gleich mehrere ein. In Mahe auf den Seychellen habe ich meine Frau geheiratet – am Strand, mit einem Huhn als Trauzeuge unter dem Arm. Ein weiteres tolles Reiseziel ist Galley Bay in Antigua. Dort machte ich exakt neun Monate vor der Geburt meiner Tochter Urlaub ... Das dritte meiner Lieblingsreiseziele ist das Hotel La Residencia in Deià, Spanien. Dort habe ich meine Liebe zu Mallorca entdeckt und später mein Studio errichtet. Außerdem wäre da noch mein derzeitiger Wohnort Noosa in Australien zu nennen. Das Wetter in dieser Region ist einfach herrlich; die Leute sind unglaublich freundlich und bodenständig und jeder scheint sich um jeden zu kümmern.“

Unsere letzte Frage: Machen Sie sich Gedanken über Ihr künstlerisches Vermächtnis und wie möchten Sie der Nachwelt gerne in Erinnerung bleiben?

Peter: „Diese Frage ist etwas verfrüht. Ich bin ja noch nicht tot.“

Unsere extravagante Kollaboration mit Peter Phillips ist ab sofort online und im Store erhältlich.

Erfahren Sie mehr über Peter Phillips: www.peterphillips.com @peterphillipsartist